© Ulla Leber

Nicht weit weg vom Hauptweg des Friedhofes, auf dem meine Eltern liegen, ist das Grab von Bubi B. und  drei Gräber daneben das seiner Geliebten Marion Sch.  Bubi B. und ich besuchten die gleiche Klasse der Volksschule, bis ich auf das Gymnasium wechselte und wir uns kurzzeitig nur noch begegneten, wenn ich nach Schulschluss auf dem Heimwege an seinem Hause mit der Metzgerei vorbeiging. Sein Elternhaus kurz "B's Eck" genannt,  war ein Eckhaus in der Hauptverkehrsstraße, wo sich sonntags die Männer nach dem Hochamt trafen, um sich zu unterhalten, bis es Zeit war, zum Mittagstisch nach Hause zu gehen.

Bubis Eltern betrieben eine gut gehende Metzgerei und unterhielten im gleichen Haus eine Kneipe, die aber verpachtet war. Bubi war  der einzige Sohn und wurde dementsprechend von seiner Mutter verwöhnt, ja vergöttert. Bubi B. fuhr schon einen Opel Kapitän, als seine Schulkameraden noch mit dem Fahrrad unterwegs waren. Er heiratete ein hübsches Mädchen aus einem Nachbardorf, die mit im Geschäft aushalf und Wert legte auf gute Manieren, hübsche Kleider und Urlaube, an denen sie zeigen konnten, dass es ihnen gut ging. Sie bekamen zwei Töchter und alles schien in Ordnung.

Ich war inzwischen ebenfalls verheiratet und in eine andere Stadt verzogen, kam aber mit Mann und Kind alle vierzehn Tage in das kleine Städtchen, um die Eltern zu besuchen. Durch meinen Mann, der Torwart im Fußballclub gewesen war, kamen wir wieder freundschaftlich zueinander, gingen zusammen
aus und feierten die Wochenenden. Aber irgendwie, so schien es mir, war Bubi B., der sich zunehmend von jüngeren Frauen angezogen fühlte, nicht erwachsen geworden. Längst hatte er den Opel Kapitän gegen diverse Modelle von Mercedes eingetauscht und überraschte nun mit einem Porsche, mit dem er über Land fuhr.  In der Ehe kam es zu Unstimmigkeiten, und mir kamen diverse Liebschaften von Bubi B. zu Ohren, alle mit wesentlich jüngeren Frauen.

Es kam, wie es kommen musste. Nach dem Tod seiner Eltern und der Hochzeit seiner Mädchen, kam es bald zur Scheidung und Bubi B. hatte von nun an nacheinander mehrere junge Frauen, die ihn viel Geld kosteten. Die Beziehungen gingen, aus welchen Gründen auch immer, in die Brüche, was er aber jedes Mal gut verkraftete. Mittlerweile hatte Bubi B. die Metzgerei verpachtet und seine Gaststätte selbst übernommen. Die "Fünfzig"  hatte er bereits weit überschritten,  war zum Stadtrat avanciert und eigentlich wäre es an der Zeit gewesen, sein Leben zu überdenken und einzusehen,  dass es besser wäre, den Porsche gegen ein weniger rasantes Auto einzutauschen und dass es mit jugendlichen Geliebten kein gutes Ende nehmen würde.  Nicht so Bubi B!

In der Nähe betrieb eine junge, hübsche Frau, die seine Tochter hätte sein können, einen Schreibwarenladen. Auf sie hatte er schnell mehr als ein Auge geworfen. Mit seinem Charme, den er unbedingt Frauen gegenüber ausstrahlte und seiner Großzügigkeit hatte er sie bald auf seine Seite gezogen. Er verwöhnte
sie nach Strich und Faden, half ihr bei finanziellen Engpässen.  Er verlor sich in seiner Liebe zu ihr, ohne zu überlegen, dass für die junge Frau noch andere Perspektiven im Leben möglich wären und sie ihm eines Tages den Laufpass geben könnte.
"Sie gehört mir! Wenn sie mich verlässt, soll sie auch kein andrer haben", war sein Spruch gegenüber Freunden, die ihn auf den Altersunterschied ansprachen und warnten.

Das Schicksal nahm seinen unheilvollen Lauf. An einem Freitagabend, als ein schöner Monat Juni sich seinem Ende näherte und er schon eifrig Urlaubspläne geschmiedet hatte, eröffnete sie ihm, dass sie einen Mann in ihrem Alter kennen gelernt habe und das Verhältnis mit ihm lösen wolle. Bubi B., geschockt  und verzweifelt, versuchte seine Freundin umzustimmen. Vergeblich.  

Er suchte keinen Rat oder Hilfe bei seinen Freunden oder sonst wo. Nein, er holte seine Waffe, eine Pistole, aus dem Versteck, putzte sie und lud sie auf. Dann besprach er eine Kassette auf einem Recorder, redete sich seine Enttäuschung und  Verzweiflung von der Seele. Wenige Tage später rief er seine Geliebte an und bat, sie solle ihn noch einmal besuchen, er habe noch etwas zu besprechen. Sie kam, und er führte sie in sein Wohnzimmer über der Kneipe. Dann sprachen sie noch einmal über gemeinsame schöne Tage. Er versuchte nochmals, die
Freundin zum Umdenken zu bewegen. Aber sie blieb bei ihrem Entschluss der Trennung. Es war genau 20.30 Uhr, als Bubi B. hinter sich unter das Sofakissen griff, den Revolver fasste und zielte. Er drückte zwei Mal ab,  traf seine Geliebte in den Mund und am Kopf. Dann hielt er die Waffe an seine eigene Schläfe und drückte ebenfalls ab. Bubi B. war ein guter Schütze.

Eine Serviererin der Kneipe fand die Leichen noch in der Nacht nebeneinander auf dem Teppich liegend.


Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen wäre rein zufällig. 


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